Moment mal ...
Vergänglichkeit

Im 16. und 17. Jahrhundert entstanden Kunstwerke der besonderen Art: In einer Zeit, da Europa von großem Handelsreichtum einerseits und regelmäßigen militärischen Konflikten andererseits geprägt war, blühte eine sehr düstere Form des Stilllebens auf, das dem Publikum vermittelte, dass Dinge wie Vergnügen, Reichtum, Schönheit und Autorität keine unendlichen Eigenschaften sind.
Auf den ersten Blick sind diese Art der Gemälde chaotisch und ungeordnet. Die Leinwand ist in der Regel vollgepackt mit Gegenständen, die zunächst wahllos ausgewählt erscheinen. Aber bei näherer Betrachtung enthalten die Art und die Nähe der Gegenstände eine Menge Symbolik.
Die Künstlerinnen und Künstler schufen die Gemälde also nicht, um verschiedene Gegenstände auszustellen oder ihr künstlerisches Können zu demonstrieren. Das wird umso deutlicher, je mehr man sich mit dem Gemälde beschäftigt und es betrachtet. –
Wir haben heute die Frage der Vergänglichkeit meisterhaft verdrängt – und doch ist eine Existenz hier auf Erden ohne Endlichkeit nicht denkbar.
Der November lädt uns ein der Frage der eigenen Endlichkeit nicht auszuweichen. Und zugleich öffnet er durch Allerheiligen, Allerseelen und Ewigkeitssonntag den Blick weit – hin zur Welt Gottes, von der wir Christen glauben, dass sie das eigentliche Ziel allen Seins ist.
Herzlich grüßt alle Leserinnen und Leser,
Ihr Michael Bracht, P.
Gemälde: Edwaert Collier, Stillleben mit Büchern und Manuskripten und einem Totenkopf, 1663
